Mittel- und Südamerika

   
 

 Cuba: Agrargeographie

 
     
 

1.

Sozialistische Agrarpolitik
 

1.1
3-Stadien-Modell/Evolutionsmodell der Gesellschaft nach Marx:
 
 

 
1.2
Ziele der sozialistischen Agrarpolitik:

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Sozialisierung der Agrarproduktion
Ausdehnung der Agrarproduktion
Industrialisierung der Landwirtschaft -> Zentralisierung der Produktionsmittel
Bündnis von Bauern und Arbeitern zur Entwicklung einer neuen Gesellschaft
Angleichen der städtischen und ländlichen Lebens- und Kulturstandards

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In der Praxis Unterordnung der Agrarwirtschaft zugunsten der Industrialisierung ->Entzug von Kapital und Arbeitskräften
Grund für allgemeines Kranken der LW in sozialistischen Ländern: Sozialistische Revolutionen fanden nie in hochkapitalistischen Ländern statt (2. Stadium) -> kein höherer Kommunismus (3. Stadium), sondern Zwischenstufe des Sozialismus: nicht kommunistische Produktion ("jeder produziert nach seinen Bedürfnissen"), sondern sozialistische Produktionsweise ("jeder produziert nach seinen Fähigkeiten") -> kein ausreichender Überfluss, der die Industrialisierung hätte finanzieren können          
=> Landwirtschaft immer im Dienst der Industrie

 

2.

Geschichtliche Entwicklung der Landwirtschaft bis 1989
 

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Vor 1959: Dualismus im Exportsektor: Zucker und Tabak; Dualismus in der LW: Exportsektor und Binnensektor (Versorgung der Bevölkerung). Zuckerrohr immer dominierend
Dominante Betriebsform: Großgrundbesitz (flächenintensive Zuckeranbau und Viehhaltung), kleine Betriebe (arbeitsintensiver Tabakanbau etc.); Fluktuationen im Arbeitskräftebedarf -> Saisonarbeiter während der Zafra, ansonsten arbeitslos; hoher Spezialisierungsgrad
Trotz Diversifizierungsversuchen auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Fehlende, nicht ausreichende Diversifizierung auch aufgrund der amerikanischen Zuckerunternehmer, die kein Interesse daran hatten, den profitbringenden Zuckerrohranbau durch andere Produkte zu ersetzen oder die Zuckerfläche zu verkleinern
Nach 1959: Revolution als Bauernrevolution (Che Guevara) -> Bauern als zentrale gesellschaftliche Schicht und Ziel der Landreform -> vorwiegend national- und agrarpopulistische Ziele der Revolution
Wandel: Bauern als autonome Protagonisten der Agrarrevolution -> paternalisches Konzept der Bauern als Klasse, die wegen ihrer Ungebildetheit die Führung und Politik der revolutionären Intelligenz braucht
Schrittweise Enteignungen durch 2 Agrarreformen (1959 und 1963-70): Zunächst Enteignung und Verbot der Latifundien, Beschränkung des Grundbesitzes auf 2 caballerias (27 ha) ("minimo vital") für ehemalige Landarbeiter und Pächter sowie 30 cab. für Klein- und Mittelbetriebe. Förderung von Agrarkollektiven und -kooperativen. Später Enteignung aller Betriebe über 402,6 ha -> Abschaffung der "Agrarbourgeoisie", Rückkauf von früher verteiltem Land gegen Kaufpreis oder Rente, Versuch der Eingliederung privater Klein-betriebe in staatliche Großbetriebe. Verstaatlichung von 70% des Landes, aber keine Zwangskollektivierung. Dualismus Granjas estatales (Zucker) - Kleinstbetriebe (Lebensmittel, Tabak etc.)
Militärische Organisationsformen in der LW zur Überwindung der Produktions- und Facharbeitermängel (Zuckerschlacht, Gran Zafra 1970, 10-Mio.-t-Ernte), Scheitern führt zum Umdenken und Aufbau von Folgeindustrie, selektive Diversifizierung, Übernahme des sowjetischen Lenkungsmodells (5-Jahres-Pläne), moralische Anreize ersetzt durch leistungsorientierteres Lohnmodell.
Ab 1975 Bestrebungen der vollständigen (freiwilligen) Kollektivierung der LW, verstärkte Industrialisierung -> LW wird weniger gefördert
Zweiter 5-J-Plan 1981: Importsubstituierung, erhöhte Produktivität -> Einführung der freien Bauernmärkte, allerdings erneutes Verbot im Zuge der rectificación. Bevorzugung der CPA´s (entspr. LPGs) - Ziel des "freiwilligen" Eintritts freier Bauern in die Genossenschaften

 

3.

Krise und erste Reformen
 

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RGW-Zusammenbruch: Mangel an Treibstoff, Dünger, Chemikalien, Tierfutter, Maschinen und Ersatzteile etc. -> Produktion geht zurück
Ökologische Probleme: Monokultur: Bodendegradation durch Übersäuerung, Verdichtung (Maschinen), Versalzung (Nassreisanbau), Erosion. Vor RGW-Zusammenbruch Kaschierung durch Pestizid- und Düngereinsatz => Produktions- und Ertragsrückgang
Strukturelle Probleme: riesige Produktionseinheiten arbeiten unproduktiv und unrentabel, Brachen steigen mit der Größe der Produktionsfläche. Kleine, private Betriebe arbeiten effektiver und rentabler, obwohl sie keinen Zugang zu staatlichen Inputs haben. Interessemangel und Motivationsmangel durch fehlende Beteiligung der Arbeiter an den Fragen der Produktion -> typischer Landarbeiter weniger "sozialistischer Eigentümer" als Lohnempfänger
Plan alimentario: Erhöhung der inländischen Lebensmittelproduktion und Importsubstitution. Periodo especial: Lasttiere ersetzen Maschinen, Arbeitseinsätze der Stadtbevölkerung, unterbeschäftigte städtische Arbeiter werden für 2 Jahre in den Agrarsektor exportiert, organischer Dünger aus cubanischer Produktion, Einführung neuer Produkte (Steaks aus Sojamehl - bäh!). Aufruf Castros, keinen Landstrich unbebaut zu lassen -> Bepflanzung von städtischen Grünflächen, Unterstützung der Subsistenzwirtschaft, Schwarzmarkt
=> Lösungsansätze sind nicht-struktureller Art und scheitern deshalb, weil nur Symptome bekämpft werden

 

4.

Die "Dritte" Agrarreform seit 1993
 

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Scheitern des plan alimentario -> traumatische Versorgungskrise, Grundversorgung der Bevölkerung nicht mehr gesichert
Staatssektor umfasste 1992 83% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche -> Bekenntnis Castros, "dass der Staat mit den großen Agrarbetrieben keinen Erfolg gehabt hatte"
=> Herbst 1993 radikale Binnenreform, 1994 ökonomischer und politischer Tiefpunkt in der Geschichte des Landes
Cubanischer Staat widerwilliger Reformer, meistens Reaktionen auf Fehlentwicklungen, keine antizipativen Maßnamen
1995/6 leichte Erholung der Wirtschaft, LW verschlechtert sich aber -> trotzdem Rückgang der binnenwirtschaftlichen Liberalisierung
 

4.1

UBPC´s (unidades básicas de la producción cooperativa)

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Umwandlung des riesigen, unproduktiven Staatssektors -> Kooperativierung der Betriebe mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung und Dezentralisierung der Strukturen -> flexiblere Produktion
Bisherige Arbeiter der Staatsbetriebe können Mitglieder der UBPC´s werden und damit Mitbesitzer des Großteils der Anlagen. Was die UBPC produziert, ist ihr Eigentum. Kostenlose, unbefristete Landverpachtung durch den Staat
Im Unterschied zu den privatbäuerlichen CPA´s nicht vollständig selbstständig, sondern Staatsunternehmen unterstellt, die ihnen Hauptanbauprodukt und Plansoll vorgeben. Zwar Verhandlungsmöglichkeit, aber ´s letzte Wort hat Vadder Staat.
Planerträge müssen zu niedrigen Preisen an den Staat abgeführt werden, Überschüsse können auf den freien Bauernmarkt, ebenso wie die auf einem kleinen Teil des Landes in Eigenregie angebauten Produkte -> Anreiz zur Überproduktion
Unterschied zw. Zuckerrohr-UBPC (alles an den Staat) und Nicht-Zuckerrohr-UBPC
Erfolg der UBPC´s mäßig, weil noch zu viel Kontrolle des Staates mittels der empresas estatales -> Hindernisfaktor für die Dezentralisierung
Produktivität: CCS > CPA > UBPC > Staatsbetriebe
Allerdings Kooperativierung auch neue Chance für Beibehaltung der sozialistischen Produktionsformen
Nötig: besserer Zugang zu Ressourcen und bessere Infrastruktur zum Verkauf auf freien Bauernmärkten -> bisher geringer, sinkender Anteil
 

4.2
Freie Bauernmärkte

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Wiederzulassung Oktober 1994 als Reaktion auf Versorgungskrise, Massenflucht und Schwarzmarkt
Ziel: Verbesserung der Versorgung, Abmildern der Inflation gegenüber dem Dollar
Lenkende Steuerpolitik: Steuersatz in Havanna bei 5%, Zunahme mit Entfernung zu den Städten über 10% bis 15%. => viele Bauern bieten ihre Produkte in Havanna an und sichern somit die städtische Versorgung
Private Bauern überwiegen bei den Anbietern, arbeiten auch am produktivsten
Staat agiert ebenfalls auf den Bauernmärkten (z.B. bei Schweinefleisch als Hauptanbieter), um die Preise niedrig zu halten
=> Legalisierung der Bauernmärkte bisher innovativste und erfolgreichste Strukturreform, da kleine Erfolge bezüglich Versorgung und Preissenkung
 

4.3
Persistenzen

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Abhängigkeit der LW von Import und Export
Mangelnde Diversifizierung

 

 

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