Klimatologie, Klimageographie

   
 

 Das Klimasystem der Erde - Versuch einer Zusammenfassung

 
   

(Hupfer/Kuttler (1998) S. 226-249)
 

1.

Definition Klima
 

Klima =

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Die Synthese des Wetters über einen Zeitraum, der lange genug ist, um dessen statistische Eigenschaften zu bestimmen. (Hupfer/Kuttler)
Die für einen Ort, eine Landschaft oder einen größeren Raum typische Zusammenfassung der erdnahen und die Erdoberfläche beeinflussenden atmosphärischen Zustände und Witterungsvorgänge während eines längeren Zeitraums (Blüthgen)

 

2.

Klimafaktoren und -elemente
 

KLIMAFAKTOREN:

Prozesse und Zustände, die zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Veränderung des Klimas führen.

 

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Sonnenstrahlung (solares Klima)
Land- und Meerverteilung (maritimes/kontinentales Klima)
Höhe über NN (Gebirgsklima)
Zusammensetzung der Erdatmosphäre (Spurengase, Aerosole etc.)
Atmosphärische Zirkulation (sekundärer Klimafaktor)
 

KLIMAELEMENTE:

Meteorologische und andere Größen, die einzeln sowie durch ihr Zusammenwirken das Klima kennzeichnen.

 

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Lufttemperatur, Niederschlag, Windgeschwindigkeit und -richtung,
Strahlungs- und Wärmehaushalt
etc.

 

3.

Das Klimasystem und seine Haupteigenschaften
 

Das Klimasystem der Erde umfasst alle für die Genese, Erhaltung und Variabilität des Klimasystem wichtigen Geosysteme: Atmosphäre, Hydrosphäre, Lithosphäre (NICHT Asthenosphäre, vgl. Def. Ante ), Biosphäre, Kryosphäre.
Die Komponenten stehen untereinander in Wechselwirkung oder Rückkoppelung (positiv = Selbstverstärkung; negativ = Selbstregulierung), wobei die unterschiedlichen Reaktionszeiten der Komponenten auf äußere Störungen das nicht-lineare Verhalten des Gesamtsystems bewirken.
Das Klimasystem hat einen fast-intransitiven Charakter, weil das transitive, stabile Warmklima seit dem Präkambrium durch diverse Eiszeitalter (intransitive Phasen) unterbrochen wurde.

 

4.

Teilsysteme
 

4.1
Atmosphäre
 

Strahlungsaktive Spurengase:

 

Absorption und Emission im langwelligen Spektralbereich (H2O, CO2, NOx, O3 [troposph.], CH4, FCKW) -> Treibhauseffekt (natürl. & anthrop.).

Aerosole:

 

Klimawirkung (Erwärmung/Abkühlung) abh. vom Verhältnis Absorption / Rückstreuung , Oberflächenalbedo und Größe des Aerosols

Wolken:

 

Wechselwirkung mit kurz- und langwelligen Strahlungsströmen, Wasserkreislauf: Wolkenbildung und -auflösung ->Neuverteilung von fühlbarer und latenter Wärme;
Strahlungsbilanz: Albedo, Absorptionsgrad und Transmission der Sonnenstrahlung, Rückstrahlung der Infrarotstrahlung von der Erdoberfläche abh. vom Wassergehalt.
 

 
4.2
Ozean
 

Globaler Wärmespeicher:

 

begrenzt auf Warmwassersphäre (Grenze [OFl.]: 8-10° C, 50-60° Breite); turbulenzbedingte effektive Wärmeübertragung -> verzögerte Erwärmung und Abkühlung -> maritimes Klima

Globaler Wasseraustausch:

 

Ursprung in den ozeanischen subtropischen Gebieten (Verdunstung)

Substanzaustausch:

 

wechselseitiger Übergang von Aerosol in Hydrosol. Ozean bedeutendste Senke für Luftverunreinigungen; durch Verdunstung geht Meersalz in die Atmosphäre über -> zyklisches Salz

Gasaustausch:

 

CO2-Löslichkeit (Temperatur , Druck ), Bildung von (Hydrogen-) Carbonat, CO2-Aufnahme durch Organismen, Remineralisierung in der Tiefe,

Dynamische Koppelung Atmosphäre/Ozean:

 

tangentiale Windschubspannung an der Meeresoberfläche (proportional zum Quadrat der Windgeschwindigkeit); Auslösung der Ekmannschen Triftströmung -> Neigung der Meeresoberfläche in der isobaren Flächen des Meeres -> Gradientströmungen (quasi-geostrophisch)

Wärmetransport:

 

Maximum zw. Subtropen und mittl. Breiten, thermohaline Strömungskomponenten ("oceanic conveyor belt"); küstennahe Auftriebsprozesse ("upwelling"), kalte Ostrandströmungen

Tropische Wirbelstürme:

 

Bildung in den Seegebieten mit max. OFl.temperatur außerhalb 5° N/S (Coriolis-Kraft); Zugbahnen folgen den Gebieten mit relativer maximaler Wassertemperatur. Wärmeentzug für die betroffenen Gebiete durch max. Strömungswerte fühlbarer und latenter Wärme

Verdunstung:

 

Wärmeentzug aus den (sub-)tropischen Meeren unter Einfluss der Passatwinde. Transport zur ITC -> Aufstieg -> Kondensation -> Wärmefreisetzung und -verteilung in der Atmosphäre bzw. Abstrahlung nach oben.
 

4.3
Landoberfläche und Biosphäre
 

Relief:

 

Hochgebirge als Strömungshindernisse. Bildung quasistationärer Tröge im Lee -> effektiver meridionaler Impuls-, Wärme- und Wasserdampftransport. Mikro- und mesoklimatische Bedeutsamkeit (Kaltluftseen etc.)

Böden:

 

Bodenbedeckung und -art beeinflusst die Albedo, die Oberflächenrauhigkeit den Impulsaustausch (Dissipation der kinetischen Energie der Atmosphäre) Bei unbewachsenen Böden erfolgt die Strahlungsabsorption unmittelbar an der Oberfläche. Eingeschränkte Verfügbarkeit von Wasser, Bodenwärmefluss ineffektiv -> fühlbarer Wärmestrom größer, latenter Wärmestrom kleiner als über Gewässern

Vegetation:

 

Wechselwirkung mit Klima. Wärmeisolierende Funktion -> Bodenwärmestrom und fühlbare Wärme werden verringert. Pflanzenverdunstung (Transpiration) kommt zur Bodenverdunstung (Evaporation) hinzu -> Evapotranspiration. Albedo und Strahlungsbilanz hängen von der Farbe und Helligkeit der Pflanzen ab.

Biogeochemische Stoffkreisläufe:

 

Kohlenstoffkreislauf, O2-Freisetzung, NOx-Emission und -Bindung etc.
 

4.4
Kryosphäre
 

Eis und Schnee:

 

starke Reflexion der Sonnenstrahlung; Wärmesenke infolge der hohen Schmelzwärme des Eises; Isolatorwirkung (Wärmeleitfähigkeit); herabgesetzte aerodynamische Rauhigkeit.

Meereis:

 

Umsatz großer latenter Wärmemengen beim Gefrieren und Schmelzen; bei Ozeanwasser liegt die Temperatur des Dichtemaximums unterhalb des Gefrierpunkts (abh. v. Salzgehalt!) -> Abkühlung führt zur thermischen Konvektion und damit zur Bildung von Tiefenwasser.
Durch Eisbildung und -schmelze hervorgerufene Salzgehaltsschwankungen im Ozean bewirken Verstärkung bzw. Abschwächung der thermohalinen Zirkulation.
Der Austausch von Strahlungs- und Wärmeenergie zw. Meer und Atmosphäre sowie die Durchmischung des oberflächennahen Wassers werden durch Eis modifiziert bzw. unterbrochen.

Gebirgsgletscher:

 

geringe Bedeutung für globales Klima, aber empfindliche Klimaindikatoren

Eisschilde (Arktis/Antarktis):

 

größte Zeitkonstanten im Klimasystem. Hohe Albedo -> gewaltige Wärmesenken. Meereisbildung (Eisberge etc.) -> Schwankungen im Salzgehalt. Wasserbindung -> Meeresspiegelschwankungen.
 

4.5
Telekonnexionen
 

Nordatlantik-Oszillation (NAO):

 

Druck- bzw. Geopotenzialdifferenz zw. Islandtief und Azorenhoch. Je stärker die zonale Zirkulation (je stärker die Druckdifferenz zw. Azorenhoch und Islandtief), desto milder die europäischen Winter (High-Index-Typ)

El Niño (EN):

 

ein eigenes Kapitel...

Southern Oscillation (SO):

 

Luftdruckdifferenz zw. Darwin (N-Australien) und Tahiti. Auf Standardabweichung gemittelter Southern Oscillation Index (SOI) zeigt in der zeitlichen Entwicklung signifikante Korrelationen mit EN-Ereignissen (niedriger SOI -> EN-Ereignis). Daher Zusammenfassung von El Niño und Southern Oscillation zu ENSO.

 

Literatur (ganz kleine und willkürliche Auswahl!):
 

P. Kupfer / W. Kuttel:

Witterung und Klima; 10. Auflage. - Stuttgart, Leipzig 1998

Meyers Lexikonred.:

Meyers kleines Lexikon der Meteorologie. - Mannheim, Wien, Zürich 1987

P. Malberg:

Meteorologie und Klimatologie: eine Einführung; 3. Auflage. - Berlin 1997

W. Lauer:

Klimatologie; 2. Auflage; in: Das Geographische Seminar. - Braunschweig 1995

     
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