Geomorphologie

   
 

 Karst

 
     


Einführung in den Themenbereich Karst:
Definition, Prozess, Typen, Formenschatz und Morphologie, Hydrologie

 

1.

Definition und Prozess der Verkarstung:
 

Karst (= benannt nach dem slowenisch- kroatischen Gebirge bei Triest) nennt man alle Erscheinungen, die durch Lösung von Gesteinen (Korrosion) bewirkt werden. Er ist heute Ausdruck für Relief, Wasserhaushalt und Landschaftscharakter in Gebieten mit löslichen Gesteinen.
Lösungs- und Kohlensäureverwitterung führen zu charakteristischen ober- und unterirdischen Formen, die z.T. auf gravitative Folgeprozesse zurückgehen, die aber ebenfalls die Lösung des Gesteins im Untergrund voraussetzen. Zum chemischen Prozess der Lösung gehört zudem die mechanische Fortbewegung des Wassers (verbrauchtes wird fortgeführt und frisches, säurehaltiges zugeführt).
 
Die Arten der verkarsteten Gesteinen prägen verschiedenen Typen des Karstreliefs. Bei diesen Gesteinen handelt es sich um Karbonate, Sulfate und Halogenide. Er tritt also v.a. in Gebieten mit Kalkgesteinen, Dolomiten (Halbkarst: vom Kalkkarst untersch. Formen), Gips (Gipskarst) und Steinsalz auf. Je reiner (monolithisch) das Gestein, desto besser die Lösung. Kalkgestein ist zwar wasserundurchlässig, jedoch Klüftung und Schichtung der Gesteine durch Tektonik lassen Wasser durch. Genau hier greift auch die Korrosion, mit der Erweiterung der Fugen und Klüfte beginnt die Verkarstung. Eine weitere Voraussetzung ist auch die herausgehobene Lage des Gesteins (einige 10er Meter über Vorfluter = Meer, Fluss, aber auch unterhalb durch Druck = Quelle), damit Abfluss und Zirkulation gewährleistet sind, damit das Wasser nicht stagniert, kalkgesättigt ist und die Verkarstung gestoppt würde -> Frischwasserzufuhr muss gegeben sein.
 
Das Vorhandensein von Säure im Wasser spielt dabei die entscheidende Rolle, denn nur Wasser vermag Kalk (CaCO3) nur schwer zu lösen. Durch Säuren, v.a. Kohlensäure (CO2 + H2O -> H2CO3) entsteht jedoch daraus das leicht lösliche Kalziumhydrogenkarbonat

                                    (Ca(HCO3)2) CaCO3 + CO2 + H2O <-> Ca(HCO3)2

Kohlendioxid ist in der Luft überall vorhanden (0.035% im Mittel), v.a. in unteren Atmosphäre (10% bei Abbauvorgängen durch Bodenorganismen und Wurzelatmung) -> Diffusion in Niederschlag und Bodenwasser -> Lösung von CO2 in Wasser. Durch den hohen Anteil an CO2 in vegetationsreichen Bereichen hat die Verkarstung eben gerade dort auch gute Vorraussetzungen und ist aggressiver.
Eine wichtige Rolle spielt jedoch auch die Temperatur des Wassers: bei gleichem CO2 - Gehalt der Luft ist die Lösungsfähigkeit des Wassers bei niedrigen Temperaturen grösser als bei hohen! Stellt sich ein Gleichgewichtszustand (Temperatur CO2 -Gehalt) ein, kann Wasser kein CO2 mehr aufnehmen. Dies ist auch gegeben, wenn es bereits in Hydrogenkarbonat umgewandelt ist. Die Lösung stagniert, ist aber auch reversibel -> Anstieg der Temperatur oder Abfall des CO2 -Gehalts in der Luft, Abnahme von Druck können ein Ausfällen von Kalk bewirken (Kalksinter). Das CO2 entweicht in die Luft.
Mit zunehmender Tiefe nimmt die Korrosion ab, da sich ein Gleichgewicht zwischen Kalk und Kohlendioxid einstellt (das Wasser ist kalkgesättigt). Eine Lösung ist jedoch durch Mischungskorrosion auch in tieferen Bereichen möglich -> zwei Wasserströme untersch. CO2- Gehalts fliessen unterirdisch zusammen -> das Wasser wird wieder korrosiv.

Konvergenzprozesse und -formen in nicht bzw. schwer löslichen Gesteinen werden als Pseudokarst bezeichnet (z.B. Verwitterungshohlformen in Graniten). Die spezielle Form des Pseudokarst ist dabei der Thermo- und Kryokarst (Hohlformen, die durch Abschmelzen von Eis im Untergrund bzw. Auftauprozesse im gefrorenen Boden gebildet werden). Die Formungsprozesse sind dabei auch abhängig vom jeweiligen Klima. Dabei stimmen die Formen der aussertropischen Klimate untereinander weitestgehend übereinander, während die der immerfeuchten heissen Tropen davon abweichende Sonderformen zeigen. Die Typen der Verkarstung weissen also eine starke Abhängigkeit von Temperatur und Feuchte der Lösungs- und Kohlesäureverwitterung auf.

 

2.

Karsthydrologie:
 


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in tiefem Gestein, unter Vorfluter:
vadose Zone: das Wasser sickert/ fließt der Schwerkraft folgend nach unten
phreatische Zone: reines Druckfließen , im Untergrund; die Hohlräume sind ständig mit Wasser gefüllt
Hochwasserzone: bei Hochwasser= phreatisch, sonst vados
 


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über Vorfluter:
Vados, selten Hochwasser; nie phreatisch
 


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Charakteristisch:
Rasches Einsickern, selbst bei NS >2000mm bei grobporösem Gestein, in Klüften
Oberflächenabfluss, wenn der NS > Versickern, an Steilhängen-> Karrenbildung (bis zu mehreren Metern)
Durchflutung (lateral unter Boden und innerhalb der Kluftsysteme)
Karstquellen: z.B. artesisch
 

Man unterscheidet zudem den Karstwasserspiegel (= Oberfläche der phreatischen Zone) vom Grundwasserspiegel. Beim KWS ergeben sich oft erhebliche Unterschiede im Wasserstand zwischen benachbarten Spalten und Schächten (Verhalten von fließendem Wasser in Röhrensystemen: in ausgeweiteten Klüften höher, als in engen, da der Druck höher und die Fließgeschwindigkeit niedriger ist).

 

3.

Typen der Verkarstung:
 

nach Lage:

Oberirdischer K. (Exokarst)
Unterirdischer K. (Endokarst)

nach Bedeckungsgrad:

Offener K.:
- Nackter K. = anstehend, ohne Boden- und/oder    Vegetationsbedeckung; der Abtrag ist nachträglich erfolgt,    meist anthropogen
- Subkutaner K. = über dem anstehenden K. befindet sich noch    eine dünne Bodenbedeckung
Bedeckter K.:
Prozess erfolgt in der Tiefe, unter einer dicken Sedimentschicht aus unlöslichem Gestein oder einer mächtigen Verwitterungsschicht (Deckschichten sind wasserdurchlässig!)

nach Zustand:

aktiver oder rezenter K.
inaktiver:
- vorzeitlich
- vorzeitlich und fossil (begraben)

 

 

4.

Formenschatz und Morphologie:
 

Endokarst:

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Höhlen
 

Exokarst:

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Karren: Rillen-, Rinnen-, Mäander-, Binnen-, Kluftkarren; Deckenkarren (Kegelkarst: Durchflutung der ‚Kuppen') Frostverwitterung (Scherbenkarren), glaziale Überprägung (Flachkarren) oder marine Abtragung können die diese nachträglich modifizieren;
geologische Orgeln (mit Sedimenten aufgefüllte Kluftkarren)
Dolinen: Trichterd., Einsturzd., Uvala (Zusammenwachsen nebeneinander liegender Dolinen durch fortschreitende Korrosion);
Karstgassen, Karstschlote, Erdfälle,
Poljen =Feld; große Hohlform mit Flächencharakter; tropische Form, da sie intensive Korrosion voraussetzt; Karstberge (Humi: treten in Poljen auf), Karstrandebenen (ähnl. d. Polje; angrenzend an Kegelkarst),
Trockentäler (gebildet im Permafrost: Karsttäler, durch fluviale Erosion, nach Schmelze konnte das Wasser in Karstgesteinsuntergrund abfließen; oder normaler Fluss auf Grundwasserniveau, der nach Heraushebung trockengefallen ist),
Blindtäler (enden blind in Ponor an Steilhang; episodische und perennierende Entwässerung)
Karstsuffosionssenken (das unlösliche Decksediment wird in Karsthohlformen eingespült und an OF entstehen KSS)

 

5.

Sonderform: tropischer Kegelkarst (Turmkarst, Mogotes)
 

Der tropische Kegelkarst stellt eine Sonderform der Verkarstung dar, da er ein klimaspezifisches Ergebnis ist und nicht auf andere Klimate übertragen werden kann (immerfeuchte und wechselfeuchte Tropen). Der chemische Prozess der Lösung verläuft in den Tropen anders als in den gemäßigten Breiten, selbst abgesehen von dem hohen ‚biologischen' CO2 -Gehalt, der hier zur Verfügung steht. In periglazialen Gebieten ist die CO2- Lösung im Wasser zwar höher, aber die Reaktionsgeschwindigkeit ist geringer und die ‚biologische Kohlensäure' verliert an Bedeutung (periglazial= kaum Verkarstung, gering entwickelte Formen; in tieferen Schichten Höhlen, die aber wahrsch. Vorzeitformen aus wärmeren Klimaperioden sind). Die Korrosion verläuft in den Tropen wesentlich energischer und intensiver: höhere Niederschläge -> häufige Über- und Durchflutung, üppig wuchernde Vegetation.
Es handelt sich beim TKK um eine Vollform (die man in gemäßigten Breiten kaum zu finden vermag), da sich hier das Klima zumindest seit dem Pliozän kaum geändert hat, also keine Überprägung und morphologische Umstrukturierung stattgefunden hat (höchstens quantitative Änderung) und die Ausbildung auch nie durch Kaltzeiten unterbrochen wurde. Er bildet sich dort aus, wo massige Kalkschichten von ziemlich reiner Konsistenz vorliegen.
 

Schema:

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Anlage eines rudimentären Gewässernetzes auf Landoberfläche knapp über der Erosionsbasis
Verkarstung bei Hebung des Geländes (Tropen: Pliozän): durch intensive Tiefenerosion in steilen, sternförmigen Trichtern; dazwischen bilden sich sukzessive Kuppen durch Lösungsabtrag und Oberflächenabfluss, bis Erosionsbasis oder undurchlässige Unterlage, dann Ausweitung = seitliche Verkarstung -> Kegelkarst -> Turmkarst. Zwischen den Einzelkuppen befinden sich flache Hohlformen = Cockpit, die sich in die Tiefe und sowohl auch seitlich ausbreiten -> Turmkarst
Cockpits = ähnl. Doline (kann Lösungs- - oder Einsturzd. sein), aber mit konkaven Begrenzungen (sternförmig); Cockpitboden kann eben oder trichterförmig sein, abhängig von der Karsthydrologie, Bodenmenge und -art, etc.
meist schachbrettartige Regelmäßigkeit durch Kluftsysteme (Tektonik), Vorgabe der Richtung durch regelmäßiges Gewässernetz,
Form hängt von der Geologie, dem Boden, der Tektonik, der Höhenlage des Vorfluters, des Alters, etc.
zum Formenschatz des KK gehören die Karst(rand)ebenen (korrosive Verebnungen auf Niveau des Vorfluters), die Kleinpoljen (Zusammenwachsen von flachsohligen Cockpits); am Fuß der Karstkegel bilden sich Lösungskehlen und Tunnelhöhlen (in mehreren Stockwerken), in denen die Deckenkarren zu finden sind

 

7.

Literatur:
 

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Busch, P. (1986): Geomorphologie. In: Grundriss Allgemeine Geographie.
Hendl, Liedtke (1997): Lehrbuch der allgemeinen Physischen Geographie.
Ford, D.C., Williams, P.W. (1989): Karst Geomorphology and Hydrology. 20/RB 10304 F699
Lehmann, H.(1987): Beiträge zur Karstmorphologie. In: Erdkundliches Wissen, Heft 86. Hrsg.: Lehmann, Gerstenhauer, Pfeiffer. 20/RB 10304 L523
Leser, H. (1995): Geomorphologie. In: Das Geographische Seminar. 20/RB 10244 P199(7)
Jennings, J.N. (1985): Karst Geomorphology. 20/RB 10304 54
Pfeiffer, K.-H. (1971) Neue Ergebnisse der Karstforschung in den Tropen und im Mittelmeerraum. Vorträge des Frankfurter Karstsymposiums 1971. 74.125

 

     

 

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